Reise durch die Wüste im südlichen Marokko und durch das Atlas Gebirge vom 28.1. bis 28.2.2024

Nach einer Woche Grippe sind wir beide wieder gesund und wagen die Fahrt durch die Wüste. Von Merzouga aus fahren wir südwärts, in die Nähe der Grenze zu Algerien. Kurz bevor die asphaltierte Strasse zu Ende ist, fordern uns Leute, die mit Motorrädern am Strassenrand stehen auf, eine andere Strecke zu wählen. Der Bach in Ramlia sei nicht passierbar und sie würden uns den Umweg zeigen. Wir sind misstrauisch, den wir haben von «falschen» Führern gehört. So bleiben wir bei unserem Plan und fahren selbständig weiter. In Ramlia ist zwar kein unpassierbarer Bach, aber es ist schwierig, den Weg durch und aus dem Dorf zu finden. Die Kinder rennen uns aber voraus und zeigen wo es lang geht.

Wir sind in der Wüste. Am Abend haben wir 25 Grad, am Morgen sind es 2 Grad. In Tagounite entscheiden wir uns, nach Foum-Zguid den Weg durch die Sandpiste zu wählen. Bevor wir in die Dünen fahren, senken wir den Luftdruck in den Reifen. Gerade als wir in die Dünen hineinfahren, nimmt der Sandsturm zu. Die Sicht wird schlecht und die Spuren im Sand werden verweht. So rasch wie der Sandsturm gekommen ist, verschwindet er auch ein paar Minuten später wieder. So können wir bei guter Sicht entspannter weiter fahren. Für die rund 400km durch die Stein- und Sandwüste benötigen wir 5 Tage. Ein einmaliges Erlebnis.
Am 1. Februar sind wir im Camping in Foum-Zguid. Margrit reinigt fleissig den Duro. Staub und Sand haben sich überall angesetzt.

Weiter geht es nun auf guten, asphaltierten Strassen nach Tata und südwärts nach Akka. Aus einem Reiseführer haben wir den Vorschlag für eine  kurze Velotour. Velos haben wir nicht dabei, aber das Vorspannrad für den Rollstuhl. Das erweist sich in Marokko als so nützlich, dass wir es praktisch immer angespannt haben. Die Velotour ist für uns eine Wanderung über 10km. Dabei kommen wir an einem Staudamm vorbei. Es dürfte schon viele Jahre her sein, seit letztes Mal Wasser beim Staudamm war. Die Niederschlagsmenge hat in Marokko in den letzten Jahren stark abgenommen. Normalerweise regnet es in der Zeit von Dezember bis Februar. Dieses Jahr blieb der Regen aus.

Zwischen Tata und Guelmim liegt Amtoudi. Eine zauberhafte Oase, bekannt durch die Speicherburg Agadir Id Aissa. Hoch oben auf einem Felsen thront die älteste und auch südlichste Speicherburg Marokkos. Sie ist wie ein Wehrdorf gebaut, mit einer riesigen Umfassungsmauer. Mit insgesamt 75 Speicherzellen, einer Zisterne und zahlreichen Imkerräumen, diente sie in Kriegszeiten als Speicher für Getreide und oft auch den Dorfbewohnern als bestmöglicher Schutz.
 
In der Oase Tighmert wandern wir zwischen den Palmen und Bewässerungssystemen zum Ecomusée und zur Käsefabrik. Im Museum ist eine nette Ausstellung über die Oasen. In der kleinen Käsefabrik produziert ein Europäer Käse aus Kamelmilch. Als wir dort sind, ist allerdings keine Produktion, dafür grosse Reinigung mit europäischen Hygienestandards.

In der Stadt Guelmim mit 205´000 Einwohnern, übernachten wir auf dem grossen Platz vor der Polizeistation. Am Abend gehen wir in die Stadt Nachtessen. Als wir zurückkommen stehen zwei Polizisten vor dem Duro. Sie begrüssen uns sehr freundlich und sagen in bestem Französisch, es sei alles in Ordnung und sie hätten während unserer Abwesenheit das Fahrzeug bewacht.

Angelangt an der Atlantikküste beginnt unser Heimweg. Wir fahren nordwärts. Es begegnen uns sehr viele Wohnmobile. In Sidi Ifni gibt es viele Campingplätze mit hunderten von Wohnmobilen. Viele Franzosen überwintern hier. Wir nutzen die Infrastruktur und Margrit kann in einem sauberen Waschsalon Wäsche waschen und trocknen. Die Wassertemperatur des Ozeans dürfte bei etwa 19 Grad liegen.

Am 8. Februar treffen wir in Tiznit ein. Der Silberstadt Marokkos.  Es hat viele Silberschmiede und überall wird Schmuck angeboten. Mit 29 Grad haben wir den bisher wärmsten Tag unserer Reise. Weiter ostwärts treffen wir nach Überquerung des 1300 Meter hohen  Col du Kerdos in Tafraoute ein. 6 km davon entfernt liegen mitten in der Wüste leuchtend bunte Felsen. Bemalt wurden sie erstmals 1985 vom belgischen Künstler Jean Vérame, der mit etlichen Tonnen Farbe die Felsen bemalte. Natürlich sind die peintures, wie bemalten Felsen vor Ort heissen, inzwischen mehrfach nachgemalt worden. Wir fahren um die Felsen herum und vor uns steht ein Fahrzeug das wir kennen. Es sind Susanne und Michael. Sie wohnen in der Nähe von Winterthur. Wir haben sie 3 Wochen vorher in Merzouga kennen gelernt. So ein Zufall. Wir verbringen den Rest des Tages gemeinsam. Am Abend gehen wir zusammen essen. Erstmals auf unserer Reise werden wir beim Rückweg zum Duro verregnet. Seit Monaten hat es nicht mehr geregnet und  das Wasser ist deshalb bei den Menschen hier ausserordentlich willkommen. Er ist nicht sehr ausgiebig und am nächsten Tag trocknet die Sonne unsere nassen Kleider rasch. Wir sind in den Bergen des Antiatlas, der südlichsten der drei, grösstenteils in Marokko liegenden Gebirgsketten des Atlasgebirges. Über den 1650m hohen Tizi Mlil fahren wir weiter nordwärts Richtung Agadir.

In Agadir leben heute 1.2 Millionen Menschen. 2014 waren es noch 0.7 Millionen. Eine schöne Lage am Atlantik. Am 29. Februar 1962 wurde die Stadt durch ein Erdbeben fast vollständig zerstört. Deshalb sieht man heute keine Häuser die vor 1962 gebaut wurden. Wir hätten gerne das Musée de la Memoire besucht, in dem das Erdbeben und die Folgen beschrieben sind. Das bisherige Museum wurde erneuert und hätte 2023 eröffnet werden sollen. Das ist aber noch nicht so weit und das alte Museum ist bereits geschlossen. Hingegen ist eine andere Attraktion etwas ausserhalb Agadirs geöffnet. Der Krokodilpark. Über 350 Krokodile leben hier in schönen grossen Becken. Viele von ihnen wurden 1977 aus der Region der Drãamündung südlich von Agadir gerettet, da der Wassermangel deren Lebensraum zu sehr veränderte. Im sehr schönen Park, gut rollstuhlgängig, hat es auch Leguane und Schildkröten.

Das Thema Erdbeben wird uns auf den nächsten 250km bis Marrakech erneut begleiten. Vorher kommen wir nach Taroudant. Am Fusse des Hohen Atlas bummeln wir entlang der vollständig erhaltenen, verwinkelten Stadtmauer zum Souk (Marktplatz) und geniessen die Aussicht in die Berge, deren Spitzen nach den Niederschlägen der letzten Woche leicht schneebedeckt sind. Mit 35 Grad haben wir den neuen Temperaturrekord der bisherigen Reise. Am nächsten Tag fahren wir auf den 2100m hohen Tizi-n-Test im Hohen Atlas. Am 8.11.2023 um 23:11 Uhr war dort das Epizentrum des Erbebens mit Magnitude 6.8. Es zerstörte viele Häuser und forderte rund 3000 Tote. Grund für das Erdbeben war die Verschiebung der afrikanischen gegen die eurasische Platte. Wir hatten uns vorher erkundigt, ob das Gebiet bereist werden kann und soll. Da die Gegend stark vom Tourismus abhängig ist, würde es sehr begrüsst, wenn wieder Touristen kämen. Denn diese wichtige Einnahmequelle für die Region ist völlig eingebrochen. Die Strassen sind zwar noch nicht vollständig wieder hergestellt, aber problemlos befahrbar. Je mehr wir uns dem Pass nähern, desto mehr sehen wir die Folgen des Erbebens. Eingestürzte Gebäude und zerstörte Strassen. Die Strassen sind in steilem Berggelände und wurden durch herabfallende Steine beschädigt und verschüttet. Bereits ist sehr viel geräumt und die Zeltdörfer werden durch Containerdörfer ergänzt. Wir zeigen bewusst keine Bilder von groben Zerstörungen. Es ist bei weitem nicht alles zerstört, viele Häuser haben keine oder nur geringe Schäden. Mit Bildern wie sie die Medien zeigen, erweckt man einen falschen Eindruck und schadet damit den Menschen die hier weiter leben, und den Tourismus als wesentliche Einnahmequelle verlieren. Kurz vor der Passhöhe übernachten wir direkt vor dem kleinen Hotel «La Bellevue», das erst vor wenigen Tagen wieder eröffnet wurde.

Am nächsten Tag treffen wir nach dem Mittag in der Grossstadt Marrakech ein. Wir wissen von einem bewachten Parkplatz ganz im Zentrum auf dem man übernachten kann. Wir kommen gut dorthin und werden bei der Zufahrt vom freundlichen Platzwächter gefragt, ob wir hier übernachten wollen. Er weisst uns einen Platz im hinteren Teil des Parkplatzes, zwischen Friedhof und Wohngebäude, zu. Ein wie sich weisen wird sehr ruhiger Ort nur wenige hundert Meter von zentralen Platz Djenaa el Fna. Ein faszinierender Ort. Feuerschlucker, Akrobaten, Wahrsager, Geschichtenerzähler, Gnaoua Musiker, Gaukler  und Schlangenbeschwörer sind auf dem riesigen Platz. Zum Sonnenuntergang kommen unförmige Handwagen aus denen Essensstände aufgebaut werden und es riecht nach Grillgerichten und Rauch. Djemaa el Fna bedeutet Platz der Zerstörung. Denn wer den Platz kontrollierte, kontrollierte Marrakech. So war er immer der wichtigste Kriegsschauplatz der Stadt. Hier begannen die Aufstände, wurden Gefangene hingerichtet und die Macht über die Stadt besiegelt. Das Herz der Millionenstadt. Wir wollen das Kunstmuseum besuchen. Obwohl im Internet steht, es sei geöffnet, stellen wir bei der Ankunft fest, es ist geschlossen. Ärgerlich, da wir deshalb quer durch das Gewusel der Stadt gefahren sind. Anders das «Musée Aman pour la Civilisation der l´eau». Da wird sehr lebendig und anschaulich gezeigt, wie man in Marokko historisch mit Wasser umging, was heute gemacht wird und wie die Zukunft aussehen könnte. Zwar sind kritische Töne leise und Kritik an der Politik, wenn überhaupt, nur sehr zurückhaltend dargestellt. Die kritische Situation mit Bevölkerungswachstum und Rückgang der Niederschläge wird sehr beschönigt. Leider ist das gute Museum nur schwach besucht.
Weiter geht es von Marrakech ostwärts, zu den Ausläufern des Mittleren Atlas. Beim Örtchen Ouzoud sind die grössten Wasserfälle des Landes. Die 110m hohen Wasserfälle liegen in einer herrlichen Landschaft. Margrit geht auf dem sehr touristischen Plattenweg zur Talsohle. Dort gibt es Sandsäcke um das Wasser zu überqueren. Auf dem wenig touristischen Wanderweg führt sie ein Pfad in einer halben Stunde zurück zur Oberkante des Wasserfalls. Dabei findet sie auch einen Weg, wie Peter mit dem Rollstuhl bis zur Oberkante kommt und dabei auch den Berber-Affen begegnet. Die nächste Nacht verbringen wir eigentlich im Stausee «Barrage Bin-el-Oudane». Der Stausee wurde in den 50er Jahren gebaut. Er dient der Erzeugung von Strom und vor allem der Trinkwasserversorgung vom Marrakech. Dort wo wir stehen dürften wohl bei vollem Stausee 40m Wasser darüber sein. Aktuell ist der Stausee nur zu 11% gefüllt. Und das in einer Jahreszeit wo er viel Wasser haben sollte. Am nächsten Tag fahren wir über zwei Pässe mit 2350m und 2250m.ü.M. Wiederum übernachten wir an einem See. Dem Lac de Tislit. Auch da kommen wir dank der Bodenfreiheit des Duro bis nahe ans Wasser. Der See entstand  zusammen mit dem nahen Lac d´Isli vor 40´000 Jahren durch den Einschlag zweier riesiger Meteoriten. Am nächsten Morgen liegt die Temperatur bei -2 Grad. Auf dem Wasser hat es stellenweise dünne Eisschichten. Wir sind halt auf 2270m.ü.M. Im Duro haben wir dank der Heizung schön warm. Im Dorf Tinjedad besuchen wir das Musée Galerie Lalla Mimouna. Um die heilige Quelle hat der Künstler Abbou Zaid, der hier aufwuchs und dann in Paris und Heidelberg studierte, drumherum ein liebevolles ethnologisches Museum gestaltet.

Die sehr touristische Todrha Schlucht durchfahren wir von Süden nach Norden. Danach biegen wir auf die Piste nach Memrir ab. Im Internet haben wir gelesen, sie sei in sehr schlechtem Zustand und anspruchsvoll. Die Realität sieht ganz anders aus. Von den 40km sind 20km bereits asphaltiert und am Rest wird überall gebaut mit riesigen Baumaschinen. So kommen wir rascher als erwartet zur Dadès Schlucht. Wir finden sie noch viel beeindruckender als die Todrha Schlucht. Das ganze Tal mit den vielen Kasbahs und grossartigen Felsformationen macht es zu einem der schönsten Täler Marokkos.

Auf der Weiterfahrt wollen wir die international hochgepriesenen Solarkraftwerke Noor 1,2,3 und 4 anschauen. Eine Besichtigung im Innern ist nur möglich, wenn man sich einen Monat vorher anmeldet. Auf einer Nebenstrasse fahren wir entlang des Kraftwerkes. Zuerst kilometerlange Solarpanles der Fotovoltaikanlage Noor 4. Dann über 500´0000 Parabolspiegel von Noor 1 bis 3, die Sonnenlicht auf einen Turm bündeln und dort eine Salzlösung erhitzen. Anschliessend werden mit Wasserdampf Generatoren angetrieben. Alle Anlagen zusammen erbringen theoretisch eine Leistung von 500 GW. Diesen positiven Eigenschaften stehen negative gegenüber. So verbraucht die Anlage 3 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr. Das Wasser wird für den Prozess selbst (Kühlung) und die regelmässige Reinigung der Spiegel und Zellen benötigt. Es stammt aus dem nahen Stausee, der nun praktisch leer ist. Bei der Besichtigung kamen Peter Zweifel auf, ob die Anlage gegenwärtig Normalbetrieb hat. Die Spiegel sind nicht auf den Turm ausgerichtet. Von grüner Energie kann keine Rede sein. Um die Salzlösung bei der etwa nachts fehlenden Sonneneinstrahlung auf der nötigen Temperatur zu halten, werden 19´000 Liter Diesel verbrannt. PRO TAG.

In der Umgebung von Ouarzazate wurden und werden viele Filme gedreht. So Kleopatra, Gladiator, Die Päpstin, Prison Break usw. Wir besuchen das Museum in der sich Gebäudeteile und Requisiten befinden. Wir sehen auch zwei Orte, wo aktuell Filme gedreht werden und viele Lastwagen die Material dorthin bringen.